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April 2020


14. April 2020

Juni 2020



Juni 2020 online | Buchdruck Oktober 2020

“Solange ein Mensch ein Buch schreibt,
kann er nicht unglücklich sein” (Jean Paul)


Veronika Haas © Christian Buck | Heidelberger Helden

(niwa)  “Mit einem Vorwort von Veronika Haas”, so steht es auf der Webseite vom Literaturherbst Heidelberg. Dort findet man auch das Corona-Tagebuch: Schreiben in Zeiten von Corona, Ein multimediales Tage- und Skizzenbuch von Heidelberger Autorinnen und Autoren. 
Initiatorin Veronika Haas, studierte Germanistin und Politikwissenschaftlerin, arbeitet als freie Journalistin und ist Beisitzerin in dem Verein Literaturnetz Heidelberg e.V., das jährlich den Literaturherbst Heidelberg organisiert und durchführt. “Corona hat uns genau in die Programmplanung und Sponsorensuche gefunkt. Unser Konzept ist, dass der Eintritt zu den meisten Veranstaltungen frei ist, um so Literatur möglichst barrierefrei zu vermitteln. Das ist nur durch die Unterstützung der Stadt und von Sponsoren möglich. Und so wie auch die Heidelberger Literaturszene stets im Zentrum unseres Festivals steht, war es mit Ausbruch der Corona-Pandemie umso wichtiger, mit Heidelberger Literaturschaffenden und nicht zuletzt mit den vielen Literaturfreunden in unserer Stadt zusammenzustehen, Gemeinschaft – zumindest im virtuellen Raum – durch das Corona-Tagebuch möglich zu machen”, berichtet sie vom Literaturherbst. 
„Das Corona-Tagebuch wäre nicht möglich gewesen, wenn wir im Literaturnetz-Verein nicht so gut zusammengearbeitet hätten. Regina Wehrle und Lothar Seidler arbeiteten mit aller Kraft am Festivalprogramm, während ich mich auf die Online-Literatur konzentrierte.“ 
18 Tage lang recherchierte und organisierte sie mit Heidelberger Autoren, Fotografen und Konzeptkünstler einen bunten Mix aus Lyrik, Prosa, Essays, Poesie ohne Worte, Visual Poetry, Audio- und Videolesungen. “Aus diesem Tage- und Skizzenbuch sollen letztlich Wortwelten entstehen, die nach und nach über die zeitlichen und thematischen Grenzen der Corona-Pandemie hinauswachsen, ein digitaler Schreib-, Lese- und Hörraum für Literatur in Heidelberg und darüber hinaus”, so Veronika. “Es gab unbeschreibliche Reaktionen, teils aus ganz Deutschland, selbst große Kulturhäuser haben für uns Werbung gemacht”, freut sie sich. “Auch die Resonanz der Autoren war berührend, es gab so ein tolles Gefühl des Zusammenhalts in der Szene. Unter den Autoren waren auch Ärzte, die sehr berührend das Thema verarbeitet haben, Texte über den Tod, das Alter, aber auch über Mut und Lebensglück, darin haben viele Leser die eigene Gefühlswelt während des Lockdown wiedergefunden”, weiss sie zu berichten.
So wartet zum Ende des Tagebuchs ein wahres poetisches Feuerwerk auf: mit Texten voller Mut, „unseren Schritten mehr Puls und Atem zu geben“ (Elisabeth Singh-Noack), „die Füße schweben zu lassen“ (Gertrud Edelmann), umsichtige „Kriegerinnen“ (Rolf Krane) und „standhaft im Wind“ (Barbara Imgrund) zu sein… und nicht zuletzt: dass wir uns – Corona zum Trotz – unsere Literaturstadt Heidelberg bewahren, denn „eine satte Weile gehört sie uns“ (Claudia Schmid). „To walk“ (Peter Bösselmann) mag das Motto der nächsten Wochen sein, umsichtig und Schritt für Schritt.
Veronika ist sehr zufrieden, die vielen Nächte der Vorbereitung, des Organisierens der Beiträge für den nächsten Tag haben sich gelohnt. “Da ist etwas Besonderes entstanden, von bleibendem Wert und zudem literarisch höchst anspruchsvoll, wir können als Heidelberger stolz darauf sein”. Exemplarisch nennen mag sie Barbara Imgrund, die seit 2000 in Heidelberg lebt. Die studierte Germanistin arbeitet als freie Übersetzerin und Autorin, engagiert sich ehrenamtlich im Tierschutz, im Hospiz- und Besuchshundedienst. Von ihr ist folgendes Gedicht im Corona-Tagebuch:

Der Baum   
Aufrecht, zum Licht

reckt er sich 
streckt er sich 
bricht aber nicht

standhaft im Wind

so weise 
und leise 
wie nur Große es sind

was für ein Traum 

wäre der Mensch 
weniger Mensch
und mehr Baum.

(von Barbara Imgrund)


Das Buch „Heidelberger Helden“ ist direkt über die Website
und auch im Buchhandel erhältlich.


August 2020


20. August 2020



September 2020


16. September 2020
von Antje Landmann

Lesen erleben: Literatur soll mit allen Sinnen erlebt werden, das hat sich der Verein „Literaturnetz Heidelberg“ vorgenommen, der den Literaturherbst organisiert: 31 Veranstaltungen an 24 Orten. Mit den Heidelberger Sinfonikern geht es am Freitag, 17. September, los, um zu zeigen wie aus Dichtung Musik und aus Musik Dichtung wird.
Dass Friedrich Hölderlin ein begnadeter Flötist war, leidenschaftlich Klavier, Violine und Mandoline spielte, sogar selbst komponierte, ist kaum bekannt. Die Wissenschaft erzählt nur wenig über die Doppelbegabung von musizierenden Dichtern und dichtenden Musikern wie Hölderlin, E.T.A. Hoffmann oder Bettina von Arnim. Die Germanistin Veronika Haas wird zur Eröffnung des Wochenendes voll Literatur am 17. September, 20 Uhr, DAI, Sofienstraße 12, über verblüffende Affinitäten zwischen den Künsten sprechen. Der Titel „Aber horch! o Himmel! – diese Töne“ ist wörtlich gemeint, denn die Heidelberger Sinfoniker spielen Werke von Beck, Dulon und Steuop.
Literatur wird aus dem „stillen Kämmerlein“ herausgehoben, wenn Lesungen am Café YilliY in der Heidelberger Haspelgasse von 14 bis 18 Uhr stattfinden oder sich der Heidelberger Textsalon um 18 Uhr in der Lutherstraße 67 mit vergnüglichen Kurzgeschichten präsentiert.
„Bitte schön krumm schreiben!“ Mahnt das etwa der „heisere Archimedes“, der dem neuen Gedichtband von Hans Thill den Namen gibt? Das Werk wird um 18 Uhr in der Stadtbücherei, Poststraße 15, von Literaturkritiker Michael Braun vorgestellt. Um 19 Uhr, ebenfalls Stadtbücherei, reist Frank Barsch in seinem Roman „Harry, der Sommer und ich“ auf den Spuren von Heinrich Heine durch den Harz.
Die Heidelberger Altstadt auf poetische Weise erkunden, das geht am Samstag, 19. September, 14 Uhr, Universitätsplatz am Brunnen. Gerhild Michel zeigt Plätze die der alteingesessenen Altstädterin am Herzen liegen und liest Gedichte. Auch auf der anderen Seite des Rheingrabens gehen Wein und Kunst gut zusammen: Aus dem neuen Roman von Christian Goltsche „Hans“ wird in Dossenheim am Weinberg am Blütenweg gelesen, während es was zum Schnabulieren gibt.
In die Ferne schweifen einige Veranstaltungen: Das sagenhafte Südland soll 1772 im Auftrag der britischen Krone gefunden werden. Eine Weltreise zwischen Fakten und Fantasie ist „Die Umsegelung der Welt – James Cook und die Suche nach dem Südland“, gelesen von Michael Pantenius am 19. September, 16 Uhr, Morio Verlag, Heidelberg.
Um Genies geht es auch bei der Theatervorstellung „Unsterblich“ von Marcus Imbsweiler am 20. September, 19 Uhr, Wilhelmsplatz Weststadt: Beethovens Geliebte Josephine führt durch ein Wachsfigurenkabinett und holt dabei die Großen vom Sockel, von Seneca über den Kaiser bis Beethoven. Ein Stück des Theaters Carnivore über eine historische Figur, das die Frage nach wahrer Größe und Unsterblichkeit stellt.



15. September 2020
Autor: Miro

Veranstaltungsreihe „Literaturherbst Heidelberg“ in der sechsten Auflage wieder mit 31 Angeboten / Autoren und Verlage aus der Unistadt laden ein

Lesungen in Kirchen, Cafés und an Straßenecken

Heidelberg. Bei seiner Gründung 2015 sollte er einen Gegenpol zum „Heidelberger Herbst“ setzen: intellektuelle statt aufgetischter Kost. Nun kommt der sechste „Literaturherbst Heidelberg“ coronabedingt ganz ohne Gegenspieler daher. „Lesen erleben“ sind die Veranstaltungen vom 17. bis 20. September überschrieben.
Mit insgesamt 31 Veranstaltungen an 23 Orten in der Stadt ist das Angebot ebenso vielfältig wie im Vorjahr. Das Programm stellt der Verein Literaturnetz Heidelberg zusammen. Die Reihe versteht sich als „Lesefest“. Die Akteure – Autoren und Verlage – kommen aus Heidelberg. Neben Kultureinrichtungen wie dem Deutsch-Amerikanischen Institut (DAI) gibt es Lesungen und Literaturerlebnisse in Kirchen, an Straßenecken, in Cafés und Schulen.
Den Auftakt macht ein musikalisch-poetischer Abend im DAI: Um 20 Uhr treten am Donnerstag, 17. September, Musiker der Heidelberger Symphoniker gemeinsam mit der Flötistin Karin Geyer und Germanistin Veronika Haas auf – ein Beitrag zum Hölderlin-Jahr.
Neben Kinderbüchern (Chris von Burkersroda am Freitag, 18. September in zwei Grundschulen) sind „Lesungen in der Haspelgasse“ (Freitag, 18. September, 14 bis 18 Uhr) oder eine Lesung zum „Zehnjährigen“ des „Textsalons“ am selben Tag um 18 Uhr in der Johannesgemeinde (Lutherstraße 67) im Programm.
Erlebenswert sicher auch die Präsentation des neuen Buchs von Hans Thill (ebenfalls 18. September, 18 Uhr) in der Stadtbücherei: „Der heisere Anarchimedes“ und „Harry, der Sommer und ich“ – inspiriert von Heinrich Heines berühmter Harzreise – von Frank Barsch an gleicher Stelle um 19 Uhr. Den Abschluss bildet Marcus Imbsweiler mit seinem Roman „Unsterblich“ am Sonntag, 20. September, um 19 Uhr auf dem Wilhelmsplatz in der Weststadt. Das „Theater Carnivore“ inszeniert die Geschichte um Josephine, die Geliebte Beethovens, und ihren pragmatischen Blick auf das Leben.



September 2020




11. September 2020
von Philipp Neumayr

Heidelberger Literaturherbst: „Literatur braucht das Miteinander“

Am Donnerstag startet der Literaturherbst. Mitorganisatorin Veronika Haas berichtet über den Wert des Analogen in Pandemie-Zeiten.


Veronika Haas | Foto: pivat

Heidelberg. Die ganze Stadt für die Literatur zusammenbringen – das ist seit vielen Jahren das Ziel des Heidelberger Literaturherbstes. Doch die Pandemie und ihre Folgen gehen natürlich auch an dem viertägigen Festival, das am Donnerstag startet, nicht spurlos vorbei. Und trotzdem wollen die Macherinnen und Macher den eigenen Ansprüchen auch bei der sechsten Auflage genügen. Wie das funktionieren soll, erklärt Veronika Haas (42) aus dem vierköpfigen Organisationsteam im Interview.

Frau Haas, zu viert fast komplett ehrenamtlich ein Festival mit rund 30 Veranstaltungen zu organisieren, ist ohnehin schon keine leichte Aufgabe. Wie haben Sie das unter Pandemiebedingungen hinbekommen?
Die Organisation war in diesem Jahr natürlich wesentlich aufwendiger. Sie hat etwa doppelt so viel Zeit beansprucht wie sonst. Eigentlich schließen wir unsere Planung für das Festival im April ab, doch dieses Jahr befanden wir uns zu diesem Zeitpunkt noch mitten im Lockdown. Vieles war also in der Vorbereitung schwer abzusehen und hat sich verzögert. Hinzu kommt, dass uns Corona mitten in der Werbephase von Sponsoren getroffen hat, was uns leider auch einige Zuschüsse gekostet hat. Aber wir haben viele wunderbare Kooperationspartner wie das Deutsch-Amerikanische Institut oder die Stadtbücherei, die uns in diesem Jahr besonders unterstützt haben. Da sind wir sehr dankbar.

Viele Veranstaltungen und Festivals liefen zuletzt nur digital ab. Wie sieht es beim Literaturherbst aus?
Wir haben das große Glück, dass alle Veranstaltungen analog stattfinden können, natürlich unter Einhaltung der Schutzmaßnahmen. Wir hatten zwar schon einen Plan B ausgearbeitet, sollten die Kontaktbeschränkungen bestehen bleiben, aber im Sommer haben wir dann die bewusste Entscheidung getroffen, analog zu bleiben.

Hätte eine Ausweitung des Festivals auf den digitalen Raum nicht die Chance geboten, noch mehr Leute zu erreichen?
Das kann sein. Aber wir sind der Meinung, dass Literatur eine Kunst ist, die das Miteinander braucht. Es ist doch etwas anderes, ob man für sich allein im Wohnzimmer sitzt und dort einen Livestream am Bildschirm verfolgt oder ob man eine Veranstaltung vor Ort erleben und in den direkten Austausch zu anderen Menschen treten kann. Jetzt, da es wieder möglich ist, wollen wir die Form des direkten Miteinanders wieder suchen und ermöglichen. Dennoch bieten wir auch zwei Hybrid-Veranstaltungen an, die sowohl vor Ort als auch im Internet per Livestream zu verfolgen sind.

Inwiefern beeinflusst die Pandemie das diesjährige Festival-Programm?
Wir hatten ursprünglich 31 Veranstaltungen angekündigt, drei davon mussten wir wegen Corona leider absagen. Die ein oder andere Veranstaltung ist, was die Zahl der Plätze betrifft, natürlich begrenzter, als es sonst möglich wäre. Online kann man sich in diesem Jahr zudem vorab für einzelne Angebote anmelden. Das erleichtert es uns, die Schutzmaßnahmen auch zu gewährleisten, denn die Gesundheit der Gäste hat für uns höchste Priorität. Aber viele der 28 Veranstaltungen finden ohnehin unter freiem Himmel statt. Wir haben etwa ein Freilichttheater auf dem Wilhelmsplatz, eine Lesung im Außenbereich des Café YilliY oder „Literatur an der Straßenecke“.

Auf welche Veranstaltungen können sich die Besucherinnen und Besucher freuen?
Ein Höhepunkt ist sicherlich die Eröffnung am kommenden Donnerstag, wenn die Heidelberger Sinfoniker eine besondere Stückauswahl mit einer Kadenz Hölderlins präsentieren. Das wird man so schnell wohl nicht mehr hören können. Und wir haben zum Beispiel eine Podiumsdiskussion zur Zukunft der Literatur und Literatur der Zukunft. Da geht es unter anderem um den rückläufigen Büchermark und die Digitalisierung der Branche. Wir wollen dabei auch die Gäste fragen, was sie darüber denken und was sie erwarten. Ich denke, das wird sehr interessant.

Der Literaturherbst ist ein ebenso junges wie kleines Festival. Was macht es für Sie besonders?
Unsere Hauptabsicht ist es, dass der Zugang zur Literatur niedrigschwellig ist. Das ist uns zum Glück auch diesmal gelungen: Fast alle unserer Veranstaltungen sind kostenlos. Uns ist es außerdem wichtig, dass Literatur nicht nur isoliert gesehen wird, sondern zusammen mit den Schwesterkünsten, daher bieten wir etwa Formate mit Musik und Theater oder Malen an. Und: Wir möchten den Heidelbergern die lokalen Autorinnen und Autoren vorstellen, die sie bislang vielleicht noch gar nicht kennen. Denn viele Menschen wissen nicht, welche literarische Qualität in dieser Stadt steckt.

Info: Das komplette Programm und Karten für den gibt es unter: literaturherbstheidelberg.de/. Auch vor den Veranstaltungen empfiehlt es sich, angesichts möglicher Änderungen auf die Webseite oder die Literaturherbst-Seiten der sozialen Medien zu schauen.



September 2020



17. September 2020



17. September 2020



21. September 2020
von Heribert Vogt

Stirbt das klassische Buch aus?

Im DAI ging es bei der Podiumsdiskussion „Quo vadis, Literatur?“ um die Zukunft des Buches
Ein Fazit: „Lesen lohnt sich“


Die Liebe zum Buch war bei allen Beteiligten spürbar (v.l.): Veronika Haas (Mitorganisatorin Literaturherbst), Regina Wehrle (Co-Verlegerin Mattes Verlag), Bella Bender (Autorin), Phillip Koban (Kulturamt), Jörg Tröger (Moderation) und Jutta Wagner (DAI)
Foto: Alexander Müller

Heidelberg. Es ist nicht lange her, als man stolz war auf die prächtige Bibliothek in der eigenen Wohnung. Wenn heute junge Leute zu Besuch kommen, schauen sie mit Erstaunen auf die Regalwände. Das sorgt für zwiespältige Gefühle: Es ist unübersehbar, dass das digitale Zeitalter längst da ist. Aber trotzdem kann man sich von keinem der Bücher trennen – alte Liebe rostet eben nicht. So geht es wohl vielen und auch den Teilnehmern des Podiumsgesprächs „Quo vadis, Literatur?“ über die Zukunft der Literatur im DAI.
Mit Moderator Jörg Tröger sprachen beim Heidelberger Literaturherbst Bella Bender (Autorin), Regina Wehrle (Co-Verlegerin des Mattes Verlags), Jutta Wagner (Literarisches Zentrum; DAI) sowie Phillip Koban vom Heidelberger Koordinationsteam Unesco City of Literature. Und was die private Wohnung betrifft, so meinte Koban, dass Bücher dort ein Stück weit zu Design-Objekten würden. So machten sich Architektur-Bände auf dem Wohnzimmertisch recht gut.
Aber das Bücherlesen macht auch „verliebt“, jedenfalls für Wagner. Außerdem froh und glücklich; zudem ist es spannend. Ja, das Buch vermag viel, wenn man es lässt. Für Bender bedeutet Lesen einen „besonderen Wachzustand“ und das „Ge-genteil von Konsum“, auch ein Loslassen vom Alltag sowie die Möglichkeit, „die eigene Stimme zu finden“.
Kobans Blick auf die Literatur beschränkt sich nicht auf das Äußere des Buchs, sondern für ihn steigert das Lesen auch die Empathie-Fähigkeit; außerdem erlaubt es, tiefer zu denken, zu träumen, Zeit für sich zu haben. Für Wehrle erweitert die Lektüre den Horizont und macht Freude. Und Tröger erblickt darin auch ein Mittel gegen Demenz.
Ein ganzes Tableau wichtiger Eigenschaften des Buches scheint auf, starke Gefühle eingeschlossen. Aber die alte Liebe muss gepflegt werden, damit sie nicht rostet. Längst befindet sich die Buchbranche in unruhigem Fahrwasser. Schon vor Corona waren die Verkäufe rückläufig. Und nicht jeder Käufer ist ein Leser, da Bücher oft verschenkt werden.
Auch in Bezug auf Heidelberg waren ernüchterte Töne vernehmbar. So ist die in den vergangenen Jahren hier geplante lokale Buchmesse offenbar zu den Akten gelegt worden, wie Wehrle erläuterte. Im Vergleich zu den eher überregional orientierten Literaturtagen widme sich nun der Literaturherbst der Szene vor Ort.
Tröger fragte Koban, was der Titel der Unesco City of Literature denn „eigentlich bringt“. Antwort: „große Ehre und Pflicht“. Es gelte, „kreative Entwicklungen und Teilhabe voranzutreiben“. Aber die Leser „schwinden weltweit“. Es gebe in Heidelberg jedoch viele Autoren und Verlage. In den Schulen sollten die entsprechenden Berufsbilder stärker vermittelt werden.
Überhaupt interessierte man sich sehr für die Schule als Ort der Begegnung mit Literatur. Sowohl Wagner als auch Koban erblickten dort ein wichtiges Aktionsfeld zur Förderung des Lesens. Diesbezüglich wurde auch die RNZ gelobt, beispielsweise für das Projekt „Schüler machen Zeitung“.
Dicht dran an der Jugend ist auch noch die junge Autorin Bender, die für ihre Generation konstatierte, dass weniger Konzentration für längere Texte aufgewandt werde. Da die mediale Ablenkung eben sehr stark sei. Aber es müsse auch über das Leben der jungen Menschen geschrieben werden. Sie beziehen ihre Informationen weitgehend aus dem Internet und leben in aufgewühlten Zeiten.
Sogar noch an der Universität findet die Germanistik-Studentin Bender infolge der Verschulung „wenig eigenständiges Denken“, was in der Folge auch das „eigenständige Schreiben“ erschwert. Sie ist sowohl digital als auch analog unterwegs. Und während des Corona-Lockdowns hat sie etwa bei Instagram Texte streamen können, was immerhin zu einem Austausch und einer kleinen digitalen Gemeinschaft führte.
Konsens bestand darin, dass das E-Book nicht den großen Siegeszug angetreten hat. Und Tröger verwies auf den Hirnforscher Wolf Singer, der im Umblättern der Buchseiten eine spezielle Abspeicherung des Inhalts sieht, die in den digitalen Medien nicht gegeben sei. Überhaupt wurde das Buch auch als haptisches Erlebnis gewürdigt.Einig waren sich schließlich alle darin, dass das Buch „nie weg sein wird“, so Koban. Analoge wie digitale Formen würden sich nebeneinander ausdifferenzieren. Dem stimmte mit Bender auch die Jüngste in der Runde zu: Die Literatur habe ihr „unfassbar viel gegeben“ und helfe, die Zukunft mitzugestalten. Trögers Fazit: „Lesen lohnt sich.“



21. September 2020
von Hendrik Heft




17. September 2020



21. September 2020



19. September 2020



10. September 2020

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